Dienstag, 12. Juni 2007

Paul und Petersen

Hier folgt eine kleine Aufgabe, die ich in meinem Studium schreiben musste:

Jeden Morgen auf dem Weg zur Schule kam der achtjährige Paul an dem Häuschen des alten Herrn Petersen vorbei, das auch einen kleinen Vorgarten hatte.
An einem Tisch in diesem Vorgarten saß Herr Petersen jeden Morgen, las Zeitung und aß einen großen, knallroten Apfel.

Er war ein Mann von etwa 60 Jahren, der schütteres graues Haar und viele Falten im Gesicht hatte und eine halbmondförmige Brille auf der Spitze seiner großen Nase trug. Er hatte stets ein weißes Hemd mit blauen Streifen und darüber einen dunkelbraunen Pullunder an.

Paul hatte sich schon oft gefragt, ob denn der Apfel so lecker schmeckte wie er aussah. Dem alten Petersen schien er zumindest zu munden, da er stets sehr herzhaft und mit Genuss hinein biss.

Eines Morgens kam Paul an Petersens Häuschen vorbei und bemerkte, dass der Alte nicht da war. Auf dem Tisch lag nur der Apfel und das Gartentor war leicht geöffnet. Hatte der Alte vergessen die Zeitung zu holen und hatte er auf dem Weg zum Kiosk aus Versehen die Tür offen stehen lassen?

Paul wusste es nicht, doch nun konnte er endlich an den Apfel heran! Er sah sich um, um sicherzugehen das niemand ihn beobachte und schlich dann in den Garten. Dann schnappte er sich den Apfel und verschwand schnell aber unauffällig wieder.
In der großen Pause holte er den Apfel heraus und biss hinein.

Der Apfel war unglaublich süß und so saftig, dass ihm der Saft das Kinn hinunter rann. Paul kaute genussvoll und dachte überhaupt nicht mehr an den alten Petersen.
Als er dann wieder nach Hause ging, bemerkte er dass der Alte an seinem Tisch saß und einfach nur vor sich hinstarrte.

Er schien verwirrt. Vielleicht überlegte er sich, ob er den Apfel schon gegessen hatte, dies aber wieder vergessen hatte. Auf jeden Fall schien er ein bisschen aus der Fassung zu sein, denn er schüttelte immer wieder den Kopf.

Paul verzog nachdenklich das Gesicht und ging weiter. Nachdem er mit seinen Hausaufgaben fertig war, saß er da und dachte wieder an das verwirrte Gesicht des alten Petersen. Möglicherweise war das morgendliche Apfelessen mehr für ihn als nur ein Vergnügen. Vielleicht war es etwas das er immer machen musste, um Ordnung in sein sonst so unordentliches Leben zu bringen?

Nun bereute der Junge was er getan hatte. Er beschloss die Sache wieder gut zu machen. Am nächsten Tag kaufte er ein Kilo knallroter Äpfel auf dem Markt.
Vor dem Gartentor von Petersens Grundstück, stellte er sicher dass der Alte ihn nicht sah und hängte dann die Tüte mit den Äpfeln an die Klinke des Tors.

Als er am nächsten Tag wieder an Petersens Häuschen vorbeiging, saß der Alte wieder fröhlich an seinem Tisch und aß seinen Apfel. Herr Petersen sah langsam auf und winkte Paul zu.

„Hey, Junge!“, rief Petersen. Paul blieb verdutzt stehen. Noch nie hatte der Alte ihn angesprochen. Er hatte nie besonders freundlich auf Paul gewirkt. Petersen kam zum Tor, einen weiteren Apfel in der Hand.

„Danke für die Äpfel. Du hättest mich ruhig nach einem fragen können!“, meinte der Alte grinsend. Paul wollte etwas sagen, doch Petersen schüttelte nur den Kopf und lachte. „Du musst dich nicht entschuldigen! Ich hatte schon früher bemerkt, dass du dich dafür interessiert hast!

Diese Äpfel sind aber auch wirklich lecker! Ich habe selbst erst vor einigen Jahren entdeckt wie gut sie sind, und zwar auf dieselbe Weise wie du!“ Er grinste, als er Pauls erstauntes Gesicht sah.
„Tja, man hört nie auf ein Lausbub zu sein!“, rief Petersen lachend und biss in seinen Apfel.

Mittwoch, 6. Juni 2007

Gedichte

Der Rand

Es zieht mich hinunter,
ich schaue es an.
Wie tief ich da wohl fallen kann?
Das Ende der Qualen,
der Preis ist dein Tod!
So tönt es aus der Tiefe; droht.
Ich schüttle den Kopf
und wende mich ab.
Ich bin noch nicht
bereit fürs Grab!


Liebe

Langsames annähern mit vorsichtigem Tritt
ich hoffe, du kriegst von meinen Gefühlen nichts mit.
Wie furchtbar wäre es, wenn du nur wüsstest,
wie oft im Traum zu mich schon küsstest.

Vorsichtige Gesten, stockende Sprache.
Du fragst dich sicher was ich hier mache.
Wie grausam ist die Angst, die ich jetzt habe
und gleichzeitig schön dein Angesicht, an dem ich mich labe.

Den Mut zu fassen ist nicht leicht
und ich weiß nicht, ob dir meine Erklärung reicht.
Doch sagen muss ichs, dann bin ichs los;
ich hoffe nur du erwiederst meine Gefühle bloß!


Glück

All der Tand mit dem wir uns umgeben,
er soll verschönern unser Leben.
Doch die wahre Kostbarkeit ist das Glück
und das liegt meist schon länger zurück.
Erst wenn es vorbei ist wissen wir,
wie wunderbar war der Moment hier.
So geht das wahre Glück meist an uns vorbei,
doch den Materialisten ist es einerlei.
Auch sie werden sich eines Tages fragen:
Warum habe ich immer noch Grund zu klagen?!
Doch auch sie werden irgendwann wissen,
dass es das wahre Glück ist das sie vermissen.


Träume

Ich baue mir ein Luftschloss,
doch der Wind weht es fort!
Ich kehre zurück in die Realität,
welch ein düsterer Ort!
Die schönen Träume verblassen,
ich bleibe alleine zurück und frage mich:
Erlebe ich je wieder so ein Glück?


Wut

Ein schleichendes Gift breitet sich in mir aus.
Es brodelt in mir; es bricht bald heraus.
Wie ein Vulkan fühl ich mich nun,
doch dieser droht niemals zu ruhn.
Ich bringe Vernichtung für eine unbestimmte Zeit,
große Mengen von Schmerz und unglaubliches Leid.
Eine leere Wüste ist mein einziges Glück,
doch ich erkenne mit Schrecken: Ich bleibe allein zurück.


Tod

Losgelöst von der sterblichen Hülle,
frei von Schmerz und Leid,
dies nun ist das Ende meiner Zeit.
Ich schwebe auf ein Licht zu,
das mich zu erwarten scheint.
Dort angekommen begrüßt es mich
mit warmer Geborgenheit.
Ewiger Friede breitet sich in mir aus
und ich weiß nur eins: Hier bin ich zu Haus.


Krieg

Zerstörung, Trauer, Wut und Blut,
die Herzen erfüllt von hasserfüllter Glut.
So sinnlos, so dumm ist dieses Tun
und doch kann kein Mensch damit ruhn.
Der Frieden erscheint mir wie eine Unmöglichkeit,
hier in dieser erschütternden Zeit.

Hass

Hass zerfrisst meine Seele
und zerstört das Glück in dem ich mich wähne.
Er schwärzt meine Gedanken,
verändert mein Tun
und die Wut in mir scheint nicht mehr zu ruhn.
Er schnürt mir die Kehle
und ich fühl mich schlecht.
Denn das ich dich hasse,
finde ich nicht Recht!
Doch du bringst mich dazu,
ich kann nichts dafür!
Drum gehe ich jetzt durch diese Tür.
Ich sollte dich lieben,
doch du lässt mich dich hassen.
So muss ich dann wohl verlassen!

Vergessen
Dein Lächeln verblasst, deine Stimme klingt wie von fern.
Du brachtest mich zum Lachen, ich hatte dich so gern.
Ich starre auf deine Bilder und wünsche mir du wärst hier.
Nur ein Blick aus deinen Augen genügte mir.
Ich denke zurück an die Zeit, die wir hatten
und glaube mein Leben besteht nur noch aus Schatten.
Doch dann spürte ich deine Arme um mich
und hörte dich sagen: "Erinnere dich!"

Erinnern
Erinnre dich meiner und der Zeilen, die ich schrieb.
Erinnre dich meiner und der Liebe, die uns trieb.
Erinnre dich meiner im Guten und Schlechten.
Erinnre dich meiner, es ist zu deinem Rechten!

Perfektion ist Pflicht

„Erst das Chaos macht das Leben lebenswert und interessant!“


Sie erschrak ein wenig als sie auf die Uhr sah. Es war schon eine Stunde vergangen! Grübelnd betrachtete sie das Ergebnis ihrer Bemühungen. Die Kerzenhalter, welche sie auf die linke und die rechte Ecke des Tisches gestellt hatte, standen immer noch nicht gleich. Oder kam ihr das nur so vor? Eine Stunde hatte sie damit verbracht, dass die Kerzenhalter symmetrisch zueinander standen, aber das ganze Herumgeschiebe schien die Sache nur verschlimmert zu haben.


Erschöpft und vor allem frustriert lehnte sie sich zurück und betrachtete das Zimmer. Bei den gleich großen Bildern hatte sie sich nicht nur vergewissert, dass sie nicht schief hingen, sondern auch, dass sie in gleichem Abstand zueinander hingen. Dazu hatte sie extra einen Zollstock zu Hilfe genommen. Sie ging ins Arbeitszimmer und überprüfte die Anordnung der Bücher im Regal. Sie waren nicht nur nach Thema, sondern alphabetisch und zudem auch nach Größe geordnet. Dann wandte sie sich wieder dem Wohnzimmer zu.


Sie fegte penibel jedes Staubkorn von dem dunklen Couchtisch und sammelte alle hellen Teilchen von der Decke auf dem Sofa auf. Dann änderte sie mal wieder die Ordnung ihrer CD´s und Filme, die ihr immer noch nicht so recht gefiel. Sie hatte stets beobachtet welche Anordnung die effektivste war und doch hatte sie noch keine perfekte gefunden. Die Neuanschaffungen warfen ihre Ordnung immer wieder aus dem Konzept. Dann ging sie ins Schlafzimmer und ordnete ihren Kleiderschrank neu. Sie hatte schon viele Möglichkeiten ausprobiert und eine Mischung daraus gewählt: Nach Größe, nach Farbe nach Art, nach Gebrauch (Bevorzugung/Vernachlässigung) und nach Saison.


Als sie mit allem fertig, überprüfte sie noch mal alles und ruhte sich dann aus. Hierbei fiel ihr auf, dass sie die Anspruchnahme auf all die Ordnung soviel Zeit gekostet hatte, die andere Leute für andere Dinge nutzen würden. Sie wusste, dass sie das auch tun könnte, wenn die Ordnung nicht so einen großen Stellenwert in ihrem Leben hätte. Sie konnte nicht im Chaos leben. Für sie bedeutete Chaos Uneffektivität. Im Chaos fand man nichts, oder nie an der Stelle wo man es vermutete oder man brauchte Stunden um es zu finden. Hinzu kam, dass sie Perfektionistin war.


Selbst die ordentlichste Ordnung war noch nicht ordentlich genug. Es musste perfekt sein! Doch wozu diente es, außer dass es effektiv war und gut aussah? Überdeckte es möglicherweise ihre eigene Fehlbarkeit? Half es ihr zu vergessen, dass nichts wirklich perfekt sein konnte? Sie konnte nur diese wenigen Dinge beeinflussen und legte daher umso mehr Wert darauf. Die Welt war ein einziges, unbeherrschbares Chaos, doch ihr eigenes Refugium konnte sie beherrschen und ordnen.


Sie träumte den Traum vom perfekten Leben mit dem perfekten Mann und dem perfekten Haus, doch wenn sie „erwachte“ wusste sie, dass es alles nur eine Illusion war und das ihr Perfektionismus und ihre Erwartungen gegenüber sich selbst und gegenüber anderen Leuten und Dingen sie nur behinderten und ihr den Weg zu einem netten Leben voller Spaß versperrten, indem auch das Chaos seinen Platz haben musste, denn das Leben war nun mal chaotisch mit seltenen Augenblicken der Ruhe.

Der Irrsinn des Planens

„Der Mensch macht Pläne, obwohl jeder Mensch weiß, dass nichts unplanmäßiger verläuft als das Leben. Gerade aus den unplanmäßig eintretenden Dingen kann das Beste erwachsen. Und doch scheint es so zu sein, dass das Leben und die Welt ohne Plan nicht bezwingbar sind. Alles ist zu kompliziert, als dass man die Bewältigung der Zukunft dem Zufall überlassen könnte.“


Sie öffnete ihre Augen exakt vier Minuten bevor sie aufstand, und das jeden Morgen. Es schien als hätte sich ihr Körper an die klaren Abläufe angepasst und handelte genauso wie sie es wollte. Sie hatte sich für jeden Morgen einen genauen Plan zurecht gedacht, den sie stringent einhielt. Zuweilen, wenn sie kurz davor war einen Fehler zu machen, hielt sie inne, ermahnte sich kurz und machte so wie geplant weiter.


Da sie jeden Tag außer am Wochenende und an Feiertagen zur selben Zeit aufstehen musste, hatte sie auch jeden Tag denselben Ablauf einzuhalten. Sie stand auf, machte das Bett, nahm ihre Arbeitstasche von ihrem Platz neben dem Schreibtisch, ging ins Wohnzimmer, schaltete das Radio an, ging in die Küche, machte Kaffee und wärmte ein Croissant auf, füllte Wasser in eine Flasche, stellte diese kalt, aß und trank, ging ins Bad, putzte sich die Zähne und duschte, ging ins Schlafzimmer, zog die Sachen an, die sie am Abend zuvor bereits herausgelegt hatte, ging wieder ins Bad, schminkte sich, kämmte sich die Haare, öffnete – nun da sie gut aussah – die Jalousien, zog Schuhe und Jacke an, machte das Radio aus, holte das Wasser aus dem Kühlschrank, steckte es in die Tasche, machte die Tasche zu, nahm sie mit, öffnete und schloss die Tür ab und fuhr zur Arbeit.


Während dieser Zeit wurde ihr Plan durch die Unvorhersehbarkeit der Außenwelt durcheinander gebracht. Doch auch daran hatte sie sich gewöhnt, indem sie zum Einen an ihr sicheres Heim dachte und zum Anderen feste Dinge in ihren Arbeitsalltag eingeflochten hatte. Wenn sie dann nach Hause kam, bereitete sie ihr Abendessen vor, schaute ihre üblichen Serien im Fernsehen und machte sich zu den unterschiedlichen Zeiten bettfertig. Sie packte ihre Sachen für den nächsten Tag, legte die Wäsche für morgen heraus, zog sich, ging ins Bad, putzte sich die Zähne, machte die Jalousien zu, legte sich ins Bett und las noch etwas, ehe sie sich zum Schlafen hinlegte. In ihrem Heim fühlte sie sich immer am wohlsten.


In diesem geschlossenen Raum bestimmte sie alleine über alles. Nur hier war es am besten möglich, Pläne zu machen und sie auch einzuhalten. Was in der Welt außerhalb geschah, war unvorhersehbar. Und genau deswegen hatte sie alles was planbar war geplant – manchmal schon Tage im Voraus. Es gab ihr Sicherheit und verhinderte, dass sie verwirrt durch Planlosigkeit durch das Leben raste. Wenn dann doch etwas Unerwartetes geschah, war sie umso erschrockener und absolut unvorbereitet.


Ihre Gedanken rasten dann durcheinander; sie versuchte Ordnung zu machen und sich schnell einen Plan zurechtzulegen. In diesen Momenten wurde ihr die Sinnlosigkeit ihrer Marotte klar und doch konnte sie nicht damit aufhören. Für sie war es wichtig, dass alles was geordnet werden konnte, geordnet wurde und das alles was planbar war, geplant wurde!
LITERA SCRIPTA MANET
oder
WER SCHREIBT, DER BLEIBT

Herzlich willkommen im Blog der angehenden Autorin Rekha Eichler!


Hier können Sie Werke von mir lesen. Derzeit sind es nur Kurzgeschichten und Gedichte, aber in einigen Jahren wird es vielleicht auch Auszüge aus meinen Romanen geben.

Außerdem können Sie hier Arbeiten lesen, welche ich während meines Studiums der Belletristik und Kinder- und Jugendliteratur schreiben soll.

Im Profil können sie einige persönliche Dinge über mich erfahren. Zudem werde ich auch gelegentlich fotografische Arbeiten veröffentlichen.

Ich hoffe, Sie genießen die Zeit hier!

Rekha Eichler